“Zusammenleben heißt ein zivilisiertes Mit- und Nebeneinander zu ermöglichen!“ 

 

Die Stadt – Toleranz durch Modernität, Anonymität und Indifferenz! 

Städte sind weniger durch inneren Wachstum, sondern durch Zuwanderung zu dem geworden was sie sind: nämlich zu Städten! Zuwanderung ist somit die Grundlage für die Entstehung von Städten und nicht ihr Sonderfall! Sie zeichnen sich über Modernität, Dynamik und Vielfalt an Lebensstilen und Kulturen aus.  Aufgrund ihrer Anonymität und sozialen Distanz verfügen sie über eine höhere indifferenzgeprägte Toleranz im Umgang mit dem Fremden.

Dabei verläuft die räumliche Etablierung zumeist über a) segregierte, migrationsgeprägte Stadteile, die vielfach mit einer sozio-ökonomischen Unterschichtung einhergehen, b) individualisierte, zumeist über den gesamten Stadtraum lebenden Mittelschicht-Migranten und c) größer werdende Cross-Over-Milieus, die zwischen den verschiedenen Lebenswelten switchen und den Wandel in eine hybride Kultur vorantreiben.

Potentiale und Risiken von Migrantencommunities

Migranten versuchen sich vor dem Hintergrund ihrer Sozialisation, sozio-kulturellen und religiösen Vorstellungen und Bedürfnissen, in der neuen Umgebung zu orientieren und Fuß zu fassen. Fehlendes Orientierungswissen, fehlende Netzwerke, gepaart mit sozialer Armut, limitieren und strukturieren ihre Möglichkeiten. Insbesondere in der ersten Phase dienen Communities als Auffangbecken. So wichtig die stützende Schleusenfunktion ist, so wichtig ist es, dass sie längerfristig nicht in benachteiligende Fallen umschlagen, von dem sie nicht mehr weiter kommen und isoliert werden. Auch wenn historisch gesehen Zuwandererkolonien in der Stadtgesellschaft größtenteils aufgegangen sind, kann für die Zukunft nicht mit einem Automatismus gerechnet werden.

Kampf um Vorrechte und Symbole zwischen Etablierten und Außenseitern

Zuwanderungs- und Etablierungsprozesse sind nie konflikt- und fiktionsfrei verlaufen. Es kommt in unterschiedlichem Ausmaß zu Status- und Abrenzungskonflikten zwischen  Etablierten und Außenseitern, die um ihre Vorrechte pochen. Die Erwartung dass sich Außenseiter/Gäste den informellen Regeln der Alteingesessenen unterordnen geht von einem lebensweltlichen Konzept der Ungleichheit zwischen Einheimischen und Zugewanderten aus. Es kommt zur Verunsicherung und zu Verdrängungsängsten wie auch dem Verlust identitätsstützender Räume und Positionierungen. Dies geschieht über die Etablierung der sozialen, wirtschaftlichen und religiösen Infrastruktur wie z.B über Geschäfte oder Moscheen. Letzteres führt wiederum zu einer Anheizung der Debatte um religiöse Symbole im öffentlichen Raum. Denn während der Grad der Religiosität in der Aufnahmegesellschaft stark gesunken ist, ist sie bei der muslimischen Bevölkerung vergleichsweise hoch, was sich dann auch an der Definition und Aneignung des lokalen, öffentlichen Raums niederschlägt.

Konfliktreduktion durch soziale Durchmischung und Begegnung?

Dabei ist die räumliche Begegnung nicht die Ursache für gute oder schlechte Nachbarschaften! Entscheidend ist, wer mit wem unter welchen Bedingungen zusammentrifft. Denn bereits existierende positive oder negative soziale Beziehungen werden intensiviert, aber selten konvertiert! Auch ist die Annahme, dass sich die Konflikte durch soziale Durchmischung reduzieren, höchst vorausetzungsreich. Dem steht gegenüber, dass sich Menschen gerne untergleichen gesellen und die Durchmischung nur bei sozial kompatiblen Gruppen gut funktioniert.

Die Ambivalenz des ländlichen Raumes – als Fremder ist man länger fremd!

Ländliche Regionen sind geprägt durch überschaubare, sozial-räumlich weniger heterogene Gemeinwesen mit geringerer Anonymität, höherer sozialer Kontrolle und Sensibilität gegenüber sozialer, räumlicher und ethnischer Pluralität. Dies steht dem ländlichen Idealbild einer gewachsenen, sozial wie auch kulturell homogenen Vergemeinschaftung gegenüber, auch wenn dieses Bild durch die zunehmende Mobilität und der damit einsetzenden „Urbanisierung des Ländlichen“ faktisch immer mehr und mehr erodiert. Die eigene Homogenität und Gemeinschaftsbildung führt zu einer deutlich längeren Aufrechterhaltung der Fremdheit von Zugewanderten mit und ohne Migrationshintergrund. Zugleich liegt in der sozialen Nähe ein Potential von Gemeinschaft, denn obwohl man länger fremd ist, ist die Einbindung bei gelungener Integration verbindlicher.

Förderung der Integrationskompetenz im ländlichen Raum

Doch im Vergleich zu Großstädten verfügen ländliche Regionen über eine geringere Integrationsexpertise wie auch über eingeschränkte institutionelle, finanzielle und personelle Ressourcen. Der Erfolg der Integrationsarbeit hängt damit im Gegensatz zu größeren Städten stärker vom Engagement der politischen Durchsetzungskraft, dem Zusammenleben sowie der Vernetzung von Einzelpersonen ab. Hierbei haben insbesondere BürgermeisterInnen, Vereine wie auch zivilgesellschaftliche Initiativen eine bedeutende symbolische integrative bzw. desintegrative Kraft. Aus diesem Grunde ist es wichtig, die Integrationskompetenz des ländlichen Raumes zu stärken.

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